Islands Natur hat bisweilen scharfe Zähne

Island im Winter ist ein Märchen. Schnee und Eis in ungeahntem Ausmass machen das Land zu einem echten Erlebnis, bringen aber auch Umstände mit sich, mit denen man sich vor der Reise auseinandersetzen muss.

Das isländische Wetter ist launisch. Durch die Insellage ändert es sich trotz hervorragender Vorhersagen oft innerhalb weniger Stunden, daher sind lange Trips in der Wildnis stets mit Gefahren verbunden, wie man sie vom Kontinent her nicht kennt. Erst dieser Tage wurden Touristen aus einem Unwetter im Hochland gerettet, sie hatten sich auf einer mehrtägigen Skitour befunden und waren nur mit einem SPOT-Gerät ausgerüstet gewesen, was ihre Ortung für die freiwilligen Suchmannschaften schwierig gemacht hat. Für die Suche einer Skiwanderin am Mýrdalsjökull, die ebenfalls nur ein leider defektes SPOT-Gerät bei sich getragen hatte, waren während des Unwetters am vergangenen Wochenende gar 120 Freiwillige im Sucheinsatz gewesen. Die Helfer der isländischen Rettungsorganisation Landsbjörg sind übrigens allesamt Freiwillige, die für ihre Einsätze vom Arbeitgeber freigestellt werden. Sie erhalten keinen Lohn.

Problematisch wird es auch, wenn Besucher Warnschilder ignorieren, die aus gutem Grund aufgestellt werden. Eis und Schnee gibt es zwar in Europa auch, doch so manchen verlässt das Gespür für Gefahr, sobald er im Urlaub ist.
Am Wasserfall Gullfoss wurden gestern Touristen gesehen, die über die Abzäunungen kletterte und an den Rand der Schlucht wanderten. Der steile Pfad zum Wasserfall selbst ist im Winter wegen Glatteis stets geschlossen, eine neue Aussichtsplattform schenkt jedoch auch von oben einen hervorragenden Ausblick auf den mächtigen Wasserfall.

Die Absperrung wird leider gerne von Besuchern ignoriert. Vom Pfad über die seitliche Absperrung zur Schlucht herüberwandern ist jedoch lebensgefährlich, weil vom Wasserfall unablässig Sprühregen auf die beiden Ufer fällt, welcher an den Abhängen kleine Eishöhlen bildet, die vom Schnee überdeckt werden. Hier kann man sehr leicht einstürzen oder auf dem Eis in die Schlucht rutschen. Auch Schneebretter können einbrechen und einen mit sich in die Schlucht reissen. Überdies herrscht in der Schlucht des Gullfoss oft heftiger Wind, und plötzliche Böen können Waghalsigen am Schluchtrand zum Verhängnis werden.

“Wenn hier was schiefgeht, geht es um Leben und Tod, und es ist nur Gottes Milde und dem Glück zu verdanken, wenn die Reise nicht auf dem Boden der Schlucht endet,” sagt Reiseleiter Helgi Guðmundsson, der die Fotos in diesem link aufgenommen hat und die Gefahren erklärt.

Auch an anderen Orten hatte Besucherleichtsinn Schlagzeilen gemacht. Ob es Touristen und sogar Kinder waren, die am berühmten Strand von Reynisfjara in der Nähe von Vík zu nahe an die tobenden Wellen herangegangen waren, oder Reisende, die in der Gletscherlagune Jökulsárlón auf Eisschollen springen, um Fotos zu schiessen. Sie alle begeben sich in echte Lebensgefahr.

Bitte respektieren Sie aufgestellte Warnschilder und die Warnhinweise Ihres Reiseführers. Und bringen Sie Eiskrallen für Ihr Schuhwerk mit, Schnee und Glatteis in Island haben andere Dimensionen, als Sie es von daheim gewöhnt sind.

Geniessen Sie Island im Winter mit allen Sinnen – auch mit dem Sinn für Vorsicht.