Dr. Haraldur Sigurðsson eldfjallafræðingur og textahöfundur

NUR RUND 8 KM BIS ZUM ERDMANTEL UNTER REYKJANES?

Zahlreiche Fragen stellen sich in Verbindung mit der Erhebung unter Reykjanes. Einer der bemerkenswerten Fakten ist, dass alle Erdbeben, die heute in Grindavík auftreten, in der oberen Erdkruste entstehen, wie die Abbildung zeigt. Es gibt fast keine Erdbeben, die in Tiefen von mehr als 7 bis 8 km unter Reykjanes gemessen werden. Die Erdkruste unter Reykjanes scheint recht dünn zu sein, vergleichbar mit einer ozeanischen Kruste.

Welche Informationen haben wir über die Dicke der Kruste und die darunter liegende Temperatur in Reykjanes? Aus Tiefbohrungen wissen wir zum Beispiel, dass sie sich im unteren Bereich der Erdkruste außerhalb von Reykjanes aufheizt. Als der Tiefbrunnen von Reykjanes 2017 eine Tiefe von rund 4,5 km erreichte, lag die Temperatur bei 535 °C und stieg am Ende der Bohrung rasant an. Geologische Studien zeigen, dass die Temperaturen in der Nähe des Bodens sogar 650 °C erreicht haben. Um zu schmelzen, muss das Gestein jedoch über 1000 °C heiß sein.

Die meisten physikalischen Eigenschaften eines Gesteins verändern sich, wenn seine Temperatur ansteigt. In der Wissenschaft wird viel über die Veränderungen der Eigenschaften eines Gesteins gesprochen, wenn es sich aufheizt und von einem harten zu einem weichen Stein wird. Das nennt man Spröd-Duktil-Übergang. Einige Forschende sagen, dass die Veränderung bei rund 550 °C beginnt, während andere der Meinung sind, dass Gestein erst bei rund 700 bis 800 °C weich wird. Sobald sich das Gestein auf diese Temperatur aufheizt, überträgt es keine seismischen Wellen mehr. In dieser Hitze und Tiefe kommen Erdbeben nicht mehr vor.

Kehren wir zum Brechen der Erdkruste in Grindavík zurück. Warum finden keine Erdbeben in tieferen Tiefen statt? Das kann zwei Gründe haben. Wir wissen, dass sich unter der Erdkruste der Erdmantel befindet, der zu heiß ist, um zu brechen und Erbeben zu verursachen. Unter der Kruste in einer Tiefe von mehr als 8 km existiert eine komplett andere Welt, die Welt des Erdmantels, der sich über 2900 Kilometer bis in die Erde hinein erstreckt bzw. bis zur Oberfläche des Erdkerns. Der andere Grund ist, dass sich unter der 8 km tiefen Kruste eine Schicht aus basalthaltiger Magma befindet, die alle Erdbeben erstickt.

Ich finde es wirklich faszinieren, dass es in einer Tiefe von rund 8 km keine Erdbeben mehr gibt. Die Grenze zwischen der Erdkruste und dem Erdmantel liegt zweifellos unter Reykjanes. Das erinnert uns daran, dass die Ursache all dieser Vorkommnisse aus dem Mantel kommen müssen, der zu hart ist, um wie normales Gestein zu brechen. Schließlich gibt es Bewegung und Druck in der Erdkruste, die zum Brechen der Erdkruste und zu Erdbeben führen. Jedoch ist der Erdmantel teilweise geschmolzen, was bedeutet, das es sich um teils vollständig geschmolzene Magma handelt. Das ist vielleicht keine gute Analogie, aber man kann sich den Erdmantel wie den weichen Sand am Strand mit einem dünnen Rinnsal Meereswasser vorstellen, das zwischen den Sandkörnern fließt. Ähnlich ist auch der Erdmantel nass, nur dass zwischen den Sandkörnern oder Kristallen in dem teilweise geschmolzenen Mantel ein dünnes Rinnsal Lava fließt. Die Magma entsteht hier.

Text: Haraldur Sigurðsson