SECHS MILLIONEN MENSCHEN VERLOREN IHR LEBEN

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Der Sommer, in dem Island und China die gleiche Naturkatastrophe ereilte.

 Es gab eine enorme/schreckliche Naturkatastrophe, die die Menschen in Island, China und vielen anderen Ländern gemeinsam erlebten und die am Ende zahlreiche Opfer forderte. Diese Katastrophe ereignete sich im Sommer 1783 und ihre Folgen waren noch über Monate und sogar Jahre spürbar. Bis 1786 hatten auf der Nordhalbkugel sechs Millionen Menschen ihr Leben verloren, davon eine Million in Japan, Unzählige in China und Millionen in ganz Europa und Nordamerika. Ein Fünftel der isländischen Bevölkerung starb bei dieser Naturkatastrophe.

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Alles begann am 08. Juni 1783 im Süden Islands. Es war ein wunderschöner Tag, der Himmel wolkenlos. Priester Jón Steingrímsson schrieb in sein Tagebuch: „Eine schwarze Wand stieg in den Bergen im Norden auf und innerhalb kurzer Zeit umhüllte sie uns in unseren Bauernhöfen. In den Häusern wurde es stockfinster und draußen konnte man kaum atmen.“ In weniger als einer Woche taten sich gewaltige Spalten mit sprudelndem, explodierendem flüssigem Gestein auf, die eine Gesamtlänge von 27 Kilometern und 135 Krater aufwiesen. So entstand die historisch größte zusammenhängende Lava auf der Erde.

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Tagebücher, Annalen und Nachrichten aus der gesamten Region beschrieben damals eindeutig, was in der Natur passierte und wie sich das Wetter veränderte. Am 10. Juni erreichte die Aschewolke Norwegen, Schottland und die Faröer Inseln, am 22. England und am 24. Juni erstreckte sich der graue Nebel über ganz Europa bis zum Osten der Adria. Im Juli erreichte er Russland, Sibirien und China. Aus Indien und der Jangtse-Region wurde eine schwere Dürre berichtet und in China war der Sommer 1783 insgesamt extrem kalt.

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Der Nebel beeinträchtigte in den folgenden Wochen auch Syrien und Ägypten stark. Da er die Monsunzyklen durcheinanderbrachte, ging das Regenwasser, das in den Nil floss, um fast
20 % zurück. Daraufhin blieben Ernten aus, eine Hungersnot entstand. In einer Quelle heißt es: „Bis Januar 1785 war ein Sechstel der ägyptischen Bevölkerung entweder gestorben oder geflohen.“
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Im Osten der USA war der folgende Winter im Vergleich zur Durchschnittstemperatur 5 °C kälter. In Charleston in South Carolina, wo heute der Verkehr schon beim geringsten Schneefall zum Erliegen kommt, fror der Hafen so stark ein, dass man darauf Schlittschuh laufen konnte. Eisschollen schwammen den Mississippi hinunter bis zum Golf von Mexiko. In New Orleans fror der Fluss zu.
1. BjornRur_058_DSC9107 Lakarodin_MNAuf ihrem Höhepunkt bedeckte die Aschewolke ein Viertel der Erdoberfläche, die gesamte Nordhalbkugel nördlich des 30. Breitengrads. In einem spiralförmigen Muster wurde sie auf die Erdoberfläche gedrückt und hatte noch mindestens zwei Jahre lang tiefgreifende Auswirkungen auf die Umwelt und das Wetter. Dort, wo der Nebel in Europa und in anderen Regionen anhielt, fielen in den fünf Monaten nach dem Ausbruch bis zu 1000 kg Schwefelsäure (H2SO4) auf jeden Quadratkilometer.

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Diese Ereignisse wirkten sich noch jahrelang auf die Ernten aus. Die daraus folgenden Hungersnöte führten unter den Menschen zu Aufruhr und Unruhen. In Frankreich starb mehr als eine Million Menschen. Es ist eine weithin anerkannte Theorie, dass die Französische Revolution ihre Wurzeln in den Nachwirkungen des Laki-Ausbruchs hat.

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Text und Fotos© von Björn Rúriksson